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Mein persönliches Verständnis von Medizinischer Psychologie
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ECBS Plenum
Wissenschaft und Öffentlichkeitsarbeit



Viele Jahre lang habe ich als medizinpsychologischer Berater der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft unter Federführung von Prof. Dr. Eckhard Breitbart bundesweite Kampagnen zur Prävention und Früherkennung von Hautkrebs mitgestaltet.

Gleichzeitig leitete ich mit Prof. Dr. Eckhard Breitbart in Hamburg ein Projekt zur psychosozialen Unterstützung von Patienten mit malignem Melanom, so dass ich aus eigener Erfahrung mit Patienten wusste, was es bedeuten kann, von dieser extrem gefährlichen, aber besonders früh erkennbaren Krebsart betroffen zu sein (und eventuell von quälenden Schuldgefühlen geplagt zu werden).

Die theoretischen und empirischen Grundlagen zu solchen Projekten hatte ich zuvor in meinem wissenschaftlichen Buch „Krebs und Angst“ dargelegt, das dem Forschungsprogramm „Subjektive Krankheitstheorie“ gewidmet war. In der Fachwelt fand dieses Buch eine große Resonanz. Es wurde mit dem Hans Roemer-Preis des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin ausgezeichnet und in den Medien ausführlich gewürdigt. Ich konnte zeigen, wie sich subjektive Theorien von Laien über Entstehung, Vorsorge, Früherkennung, Behandlung und die psychosozialen Folgen von Krebserkrankungen von wissenschaftlichen Theorien unterscheiden. Sie sind häufig inkonsistent, instabil, durchsetzt von Affekten, Metaphorik und Wahrnehmungsabwehr, und sie spiegeln adaptive Prozesse wider, deren tieferer Sinn sich nur selten auf den ersten Blick erschließen lässt.

Das Buch wurde wohl auch deshalb so erfolgreich, weil ich neben den Inhalten subjektiver Krankheitstheorien auch detailliert dargestellt habe, wie subjektive Theorien einschließlich ihrer Bedeutung für das Verhalten mit Methoden der qualitativen Inhaltsanalyse verstehbar gemacht werden können. Das Buch hat zahlreiche weitere Forschungen zur Erfassung von Subjektivität angeregt und darf insofern wohl als ein nachhaltiger Beitrag zur Vermittlung zwischen Wissenschaftswelten und subjektiven Welten von Patienten angesehen werden.

Um die Kommunikations- und Verstehensprozesse zwischen Ärzten und Patienten weiter zu fördern, publizierte ich anschließend das populärwissenschaftliche Buch „Die Kunst zu leben – Krebs und Psyche“ (Piper 1990; jetzt bei Herder, 2006). Es wurde innerhalb der Ärzteschaft und in den Medien vielfach diskutiert und ist besonders in Selbsthilfegruppen beliebt. Ich stellte dar, welche Kommunikationsstörungen auftreten können, wenn sich die wissenschaftlichen Theorien der Ärzte und die subjektiven Theorien der Laien voneinander unterscheiden. Auch kann es zu gravierenden Kommunikationsstörungen und zusätzlich belastenden Schuldgefühlen kommen, wenn Krebsbetroffene und/oder ihre Angehörigen eine Krebserkrankung als psychisch verursacht ansehen.

Aber auch wissenschaftliche, für „objektiv“ gehaltene Theorien können implizite Werturteile zur Lebensphilosophie enthalten, die in Einzelfällen weit mehr mit den subjektiven Lebensphilosophien von Patienten abgeglichen werden sollten, als es im Allgemeinen der Fall ist. Zum Beispiel wird Kampfgeist meist viel zu grundsätzlich -und häufig unreflektiert- höher bewertet als Fatalismus, der bei genauer Betrachtung in manchen Fällen durchaus als Zeichen einer reifen Lebensphilosophie gedeutet werden kann, wie auch die zunehmende Umsetzung palliativmedizinischer Ansätze zeigt. In der Praxis kann eine unreflektierte Orientierung am Kampfgeist zum Beispiel bedeuten, dass eine stark belastende Chemotherapie, Strahlentherapie oder chirurgische Operation am Ende des Lebens eines Menschen nur noch deshalb durchgeführt wird und zur reinen Quälerei wird, weil weder der Arzt noch der Patient in der Lage sind, offen über das Ende zu sprechen. Hier ist Vermittlung notwendig. Die Medizinische Psychologie kann durch Forschung und professionelle Öffentlichkeitsarbeit dazu beitragen, dass solche Kommunikationsstörungen seltener werden.


In einem weiteren Buch mit dem Titel „Was uns gesund macht – Ganzheitliche Heilkunde statt seelenloser Medizin“ (Herder, 2006) stelle ich dar, wie einige Prinzipien psychologischer Resonanz für eine optimale Kommunikation zwischen Patienten und Ärzten umgesetzt werden können.


Ich halte es für ergiebig, die heutige Medizin nicht nur als eine wichtige wissenschaftliche Disziplin, sondern zugleich als Teil der Kultur zu betrachten, zu deren Ausgestaltung alle Beteiligten beitragen können: die „Nutzer“ ebenso wie die „Anbieter“ von Leistungen. Die Entwicklung der Geburtshilfe in Richtung einer möglichst „sanften Geburt“ mit bestmöglichem flankierenden Service unter Einbeziehung der Väter ist hierfür ein gutes Beispiel. Eine Kultur des Sterbens ist weit schwieriger zu verwirklichen.

Für die Forschung ist es angesichts solcher gesellschaftlicher Themen hilfreich, Verbindungen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften zu erkennen. Dies wird im Buch „Was uns gesund macht“ anschaulich am Beispiel der Rolle von Intuition bei der Kommunikation und bei Entscheidungsprozessen dargestellt. Im ungünstigen Fall können intuitive Entscheidungen lebensgefährliche Folgen haben, z. B. dann, wenn sich ein Patient auf sein „Bauchgefühl“ verlässt, aber wichtige Möglichkeiten professioneller Diagnostik verstreichen lässt, weil er kein ausreichendes Vertrauen zu seinem Arzt finden konnte.

Inzwischen ist dieses Buch auch als Hörbuch erschienen, mit Klavier-Improvisationen des Autors zwischen den Abschnitten (TechniSat, Daun). Das Buch entstand aus meinen Vorträgen und Diskussionen mit Selbsthilfegruppen zu Themen wie: „Anregungen zum Umgang mit Ärzten“. Das Wesentliche an meinem Ansatz ist, dass ich bei den Leserinnen und Lesern ein Verständnis für die „Sachzwänge“ zu wecken versuche, mit denen Ärzte zurechtkommen müssen, aber nichtsdestoweniger deutlich aufzeige, wie man seinen Arzt für sich gewinnen kann, selbst wenn dieser unter chronischem Zeitdruck steht.

Dies wird dem Patienten umso eher gelingen, je bewusster er - im Rahmen seiner meist eingeschränkten Möglichkeiten- seine Aufmerksamkeit auf die Kostbarkeit des Augenblicks (im Sinne eines „now moment“), auf sein persönliches Anliegen und auf Besonderheiten der Kommunikation in der Medizin richtet. Innerhalb der Ärzteschaft wird die Herstellung einer guten Arzt-Patient-Beziehung meist einseitig als Aufgabe des Arztes angesehen. Er soll dies durch Empathie bewerkstelligen.

Demgegenüber vertrete ich den Standpunkt, dass sich der viel beschworene „mündige Patient“ nicht nur durch Fachwissen auszeichnet, sondern im Idealfall auch durch kommunikative Fähigkeiten in der Gestaltung von Beziehungen mit denen, die ihm helfen wollen.




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